Zur Entstehung des Tractatus

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Erst 2001 hat sich Andreas Geschkowski in seinem Buch „Die Entstehung von Wittgensteins Prototractatus“ in den „Bern Studies in the History and Philosophy of Science“ mit dieser in der Oberalmer Villa seines Onkels Paul geleisteten Arbeit auseinandergesetzt, indem er nicht nur die Entstehungsgeschichte des „Prototractatus“ nachzeichnet, sondern damit auch die Grundlagen für eine vergleichende Analyse des „Prototractatus“ mit dem „Tractatus logico-philosophicus“ schafft. Wichtige Dokumente zur komplexen Entstehungsgeschichte von Wittgensteins „Logisch-philosophischer Abhandlung“ befinden sich heute in der Österreichischen Nationalbibliothek. Dazu gehören etwa das „Gmunden Typoskript“ (Ts 204), aber auch Briefe von Onkel Paul Wittgenstein, dem Besitzer des Hauses, an Ludwig Wittgenstein.

Der „Tractatus logico-philosophicus“ bedeutet eine fundamentale sprachkritische Wende in der Philosophiegeschichte: „Alle Philosophie ist Sprachkritik’“. (Tractatus) Es ist kein Zufall, dass einer der höchst dotierten Wissenschaftspreise des Österreichischen Wissenschaftsfonds (FWF) für „Spitzenforscherinnen aller Fachdisziplinen“ nach Ludwig Wittgenstein benannt ist (bis zu 1,5 Millionen EUR) und darüber hinaus sowohl die internationale als auch mehrere nationale Wissenschaftsgesellschaften (z. B. Österreich, Großbritannien, Norwegen, Ungarn) seinen Namen tragen. Der verstreute Wittgenstein-Nachlass wird u. a. vom „Cambridge Wittgenstein Archive“, vom Innsbrucker Brenner-Archiv und von den „Wittgenstein Archives at the University of Bergen“ verwaltet und bearbeitet.

Ludwig Wittgenstein: Tractatus logico-philosophicus. In: Ders.: Werkausgabe Band 1. 1. Aufl., Suhrkamp 1989 (Zuerst in: Annalen der Naturphilosophie. Hg, von Wilhelm Ostwald, Band 14. Heft 3-4, 1921 – Zweisprachige Ausgabe (Englisch/Deutsch), London: Routledge and Kegan Paul 1922 (mit einem Vorwort von Bertrand Russell. Engl. Übersetzung von F. P. Ramsey und C. K. Ogden – 1933 deutscher Text/Neuauflage, von Wittgenstein korrigiert)

„Dem Andenken meines Freundes David H. Pinsent gewidmet.“

Motto: „… und alles, was man weiß, nicht bloß rauschen und brausen gehört hat, läßt sich in drei Worten sagen“ (Ferdinand Kürnberger 1821–1879: Flucht aus Österreich, Exilant 1848; Romancier, Erzähler, kulturpolitische und gesellschaftskritische Arbeiten, sprachkritische Aufsätze, insofern Vorläufer von Karl Kraus)

„Das Buch behandelt die philosophischen Probleme und zeigt – wie ich glaube – daß die Fragestellung dieser Probleme auf dem Mißverständnis der Logik unserer Sprache beruht. Man könnte den ganzen Sinn des Buches etwa in die Worte fassen: Was sich überhaupt sagen lässt, lässt sich klar sagen; und wovon man nicht reden kann, darüber muss man schweigen.“ (Wittgenstein: Tractatus, Vorwort, Wien 1918)

„Die Grenze wird also nur in der Sprache gezogen werden können und was jenseits der Grenze liegt, wird einfach Unsinn sein. Wieweit meine Bestrebungen mit denen anderer Philosophen zusammenfallen, will ich nicht beurteilen. Ja, was ich hier geschrieben habe, macht im Einzelnen überhaupt nicht den Anspruch auf Neuheit; und darum gebe ich auch keine Quellen an, weil es mir gleichgültig ist, ob das was ich gedacht habe, vor mir schon ein anderer gedacht hat. Nur das will ich erwähnen, dass ich den großartigen Werken Freges und den Arbeiten meines Freundes Herrn Bertrand Russell einen großen Teil der Anregung zu meinen Gedanken schulde.“ (Wittgenstein: Tractatus, Vorwort, Wien 1918)

3.262 Was in den Zeichen nicht zum Ausdruck kommt, das zeigt ihre Anwendung. Was die Zeichen verschlucken, das spricht ihre Anwendung aus. (Tractatus)

4.0031 Alle Philosophie ist „Sprachkritik“ (Tractcatus)

4.01 Der Satz ist ein Bild der Wirklichkeit. Der Satz ist ein Modell der Wirklichkeit, so wie wir sie uns denken. (Tractatus)

6.371 Der ganzen modernen Weltanschauung liegt die Täuschung zugrunde, dass die sogenannten Naturgesetze die Erklärungen der Naturerscheinungen seien. So bleiben sie bei den Naturgesetzen als bei etwas Unantastbarem stehen, wie die Älteren bei Gott und dem Schicksal. Und sie haben ja beide Recht, und Unrecht. Die Alten sind allerdings insofern klarer, als sie einen klaren Abschluss anerkennen, während es bei dem neuen System scheinen soll, als sei alles erklärt. (Tractatus)

6.44 Nicht wie die Welt ist, ist das Mystische, sondern dass sie ist. (Tractatus)

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